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Eine sehr gute Analyse von David Svoboda im ProVegan-Forum:

Sehr oft nehme ich zur Kenntnis, dass über den Veganismus einige Missverständnisse vorhanden sind. In diesem Zusammenhang möchte ich dieses Forum nutzen, um anhand von drei Fragen zu klären, was vegan leben ist und was es nicht ist. Vielleicht helfen dem ein oder anderen Sympathisanten der veganen Idee bei einer zukünftigen Diskussionen meine Anregungen:

Frage 1: Ist Veganismus eine Ideologie?
Hierfür müsste vorab geklärt werden, was man unter dem Begriff Ideologie versteht. Dafür gibt es verschiedene Definitionen. Nach Karl Marx ist eine Ideologie ein „Gebäude, das zur Verschleierung und damit zur Rechtfertigung der eigentlichen Machtverhältnisse dient“. Nach dieser Definition ist Veganismus ganz offensichtlich keine Ideologie. Veganismus wäre nach dieser Definition das genaue Gegenteil einer Ideologie, da ein sehr häufiges Motiv vegan zu leben gerade jenes ist, den Missbrauch der menschlichen Macht gegenüber anderen Lebewesen (Tieren) zu beenden. Im Volksmund wird der Begriff Ideologie heute sehr oft damit verbunden, dass eine bestimmte Weltanschauung, die zum teil auch vernünftig sein kann, über jegliche Vernunft erhoben wird und in der Konsequenz die Weltanschauung über objektive Argumente gestellt wird. Beispiele dafür wären politische Ideologien, wie Kapitalismus oder Sozialismus. Für beide Weltanschauungen gibt es gute Argumente, allerdings haben beide Weltanschauungen auch erhebliche Nachteile, die allerdings von den Anhängern eine dieser beiden Weltanschauungen zu Gunsten ihren eigenen Weltbildes ausgeklammert werden. Der Veganismus ist auch nach dieser Definition keine Ideologie, da man mindestens ein Argument finden müsste, wo die Befürworter des Veganismus ihre eigene (gewaltfreie) Weltanschauung über ein sachliches Argument gegen den Veganismus stellen. Da bislang niemand so ein Argument gefunden hat, kann Veganismus auch keine Ideologie im Sinne dieser Definition sein.

Frage 2: Sind Veganer, die andere Menschen zu einer veganen Lebensweise überzeugen wollen „Missionare“?
Die Frage möchte ich deshalb in den Raum werfen, da man sehr oft von Omnivoren als Veganer gesagt bekommt: „Kannst Du jetzt endlich mal aufhören, ich möchte nicht missioniert werden.“ Oder so ähnlich. Meine Antwort ist ein klares NJEIN:-). Ein Missionar ist per Definition jemand, der seinen religösen Glauben verbreiten möchte. Da Veganismus keine Religion ist, kann ein Veganer auch kein „Missionar“ sein, auch wenn es durchaus religöse Gründe geben kann, der Weltanschauung „Veganismus“ positiv gegenüberzustehen. Letztlich möchte der Omnivore damit zum Ausdruck bringen, dass jedes noch so gute Argument für den Veganismus für ihn nicht zählt. Stattdessen möchte er lieber an seinen bisherigen Gewohnheiten festhalten, ohne Rücksicht darauf, welche Konsequenzen sein Handeln für die Welt hat. Darum erfüllt interessanterweise gerade ein omnivores Verhalten genau die Voraussetzungen der Definition einer Ideologie. Deutlich wird dies an der obigen zitierten Begriffsdefinition von Karl Marx. Doch hätten sich die Menschen auf jedem Lebensbereich so verhalten wie das die Omnivoren tun, die Veganer als „Missionare“ mundtot machen wollen, dann würden wir Menschen heute noch so wie in der Steinzeit leben. Denn in diesem Kontext meint der Omnivore mit dem Wort „missionieren“ tatsächlich überzeugen. Und nur durch Überzeugungsarbeit kann Fortschritt und Weiterentwicklung passieren. Auf welchem Stand wäre zum Beispiel die Wissenschaft in der Physik, wenn Einstein seine Relativitätstheorie vorgestellt hat und der Rest der anerkannten Physiker den guten Mann damit abgewürgt hätten, dass sie für neue Ergebnisse in der Forschung nicht zugänglich sind und von einem anderen Kollegen aus der Wissenschaft nicht „missioniert“ werden wollen? Wie viele Unfalltode hätten wir mehr auf den Straßen, wenn die Erfinder des Airbags als „Missionare“ degradiert worden wären, die lieber ihre Klappe zu halten haben, um den anderen Leuten nicht auf die Nerven zu gehen? Die Beispiele lassen sich unendlich ausweiten. Doch deutlich wird, wie irrational sich Omnivore verhalten, wenn sie engagierte Veganer als „Missionare“ abstempeln wollen.

Frage 3: Ist Veganismus „radikal“ oder „extrem“?
Diese Frage lässt sich mit einem ganz klaren Nein beantworten. Hier meint man oft mit „radikal“ eine extrem einseitige Denkrichtung, die jegliches sachliche Argument nicht gelten lässt. Hier kann man ganz analog argumentieren, wie bei der Frage ob Veganismus eine Ideologie ist. Doch letztlich fallen auch hier Omnivore ein großen Missverständnis zum Opfer: sie meinen nämlich nicht „extrem“ oder „radikal“ per Definition. Es geht ihnen viel mehr darum, dass sie nicht begreifen können, weshalb Befürworter des Veganismus so konsequent sind. Anders ausgedrückt: in dem Moment, wo wir Menschen den Tieren das Recht auf körperliche Unversehrtheit und ein uneingeschränktes Existenzrecht zugesprochen haben, kann daraus unmittelbar nur ein vegane Lebensweise die Konsequenz sein. Extrem ist eher der Omnivore, der unseren Mitgeschöpfen genau diese beiden Rechte nicht zubilligt. Man würde ja beispielsweise genauso wenig einen gesetzestreuen Bürger als „extrem“ und „radikal“ degradieren, weil er eine Abscheu davor hat, gegenüber schwächeren Menschen aus niedrigen Beweggründen Gewalt anzuwenden. Doch aus der Denklogik eines Omnivoren, der einen Veganer als „radikal“ bezeichnet, wäre genau das der Fall. Radikal ist nur der, welcher Gewalt gegenüber Schwächeren ausüben möchte. Und genau das möchte der Veganer ja vermeiden:-). Es ist also genau das Gegenteil der Fall, sodass der Omnivore per Definition eher derjenige ist, welcher sich „radikal“ und „extrem“ verhält.

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